Erbschaftsteuerreform ein Update

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 17. Dezember 2014, 1 BvL 21/12, zum Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) Stellung genommen. Insbesondere die Verschonungsregelungen seien danach nicht mit dem Gleichheitsgebot des Art. 3 Grundgesetz vereinbar. Allerdings räumte das BVerfG dem Gesetzgeber eine Frist für eine Neuregelung bis zum 30. Juni 2016 ein. Diese Frist ist nunmehr ohne eine entsprechende Neuregelung verstrichen – was ist passiert?

Der Durchbruch schien erreicht, als die Regierungsparteien verkündeten, sich am 20.6.2016 auf einen Kompromiss zur Erbschaftsteuerreform geeinigt zu haben. Allerdings hat der Bundesrat verschiedene Änderungswünsche geäußert und dem Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages nicht zugestimmt. Aus diesem Grund rief der Bundesrat nun den Vermittlungsausschuss an. Dieser wird prüfen müssen, inwieweit der Gesetzesentwurf des Bundestages (punktuell) mit den Forderungen des Bundesrates in Einklang gebracht werden kann. Der Bundesrat sieht in dem derzeitigen Gesetzentwurf nach wie vor eine zu weitgehende und damit verfassungsrechtlich problematische Begünstigung von Unternehmensvermögen.


Welche Begünstigungen sieht der Gesetzesentwurf vor?

Der Gesetzentwurf des Bundestages will an dem Begünstigungssystem des alten Erbschaftsteuerrechts grundsätzlich festhalten. Es soll bei einer Regelverschonung von 85 % des Betriebsvermögens bzw. bei der Optionsverschonung von 100 % mit der Auflage von Behaltefristen und derLohnsummenregelung bleiben. Zukünftig sollen aber nur noch sehr kleine Unternehmen von der Lohnsummenprüfung ausgenommen werden, Betriebsvermögen wird künftig nicht mehr begünstigt werden, soweit es Verwaltungsvermögen darstellt, und Erwerbe von großen Unternehmensvermögen werden nur unter weiteren engen Voraussetzungen steuerlich entlastet. Insbesondere sind hier folgende Änderungen gegenüber den „alten“ Regelungen hervorzuheben: - Schädliches Verwaltungsvermögen

Bislang konnte Verwaltungsvermögen von max. 50 % bzw. bei der Optionsverschonung max. 10 % des gesamten Betriebsvermögens mit übertragen werden, ohne dass dies die Verschonung des Gesamtvermögens einschränkte. Zukünftig wird dagegen Verwaltungsvermögen grundsätzlich nicht mehr begünstigt. Dieses wird also in jedem Fall aus dem begünstigen Vermögen ausgenommen und der Besteuerung unterworfen, so dass sich insoweit in der Praxis eine Schlechterstellung gegenüber dem bisherigen Recht ergibt. Allerdings soll diese Verschärfung durch die Einfügung einer Bagatellgrenze abgemildert werden: Verwaltungsvermögen von bis zu 10 % des Betriebsvermögens ist hiernach für die Begünstigung unschädlich.

  • - Investitionsklausel
    Es ist zudem eine sog. Investitionsklausel vorgesehen, wonach durch einen Erbfall erhaltenes Verwaltungsvermögen dennoch als begünstigtes Betriebsvermögen zu behandeln ist, wenn dieses gemäß dem früheren Willen des Erblassers innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall für Unternehmensinvestitionen eingesetzt wird.

  • Steuererleichterungen für Familienunternehmen
    Der Gesetzentwurf sieht eine besondere Begünstigung von Familienunternehmen vor, wenn die Gesellschaftsanteile bestimmten Einschränkungen (z.B. Verfügungs- und Abfindungsbeschränkungen) unterliegen. In diesen Fällen soll der Unternehmenswert um einen Abschlag i.H.v. max. 30 % des gemeinen Werts gemindert werden. Die Beschränkungen hinsichtlich der Anteile bzw. Anteilsrechte müssen allerdings zwei Jahre vor und 20 Jahre nach dem Tod des Erblassers bzw. dem Schenkungszeitpunkt gesellschaftsrechtlich gegeben sein.
    Anmerkung: Diese Regelung wurde auf Drängen der CSU in den Gesetzentwurf aufgenommen und ist ein Hauptkritikpunkt des Bundesrates.

  • Große Unternehmensvermögen
    Ab einem begünstigten Vermögen von 26 Mio. € pro Erwerber wird der Verschonungsabschlag nicht mehr voll gewährt. Allerdings kann der Erwerber den Erlass der durch den Erwerb anfallenden Erbschaftsteuer beantragen, soweit er im Rahmen einer sog. Bedürfnisprüfung nachweist, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die Steuer aus seinem verfügbaren Vermögen zu begleichen. Der Verschonungsabschlag verringert sich schrittweise bei Überschreiten der Prüfschwelle von 26 Mio. €. Keine Verschonung wird gewährt ab einem Erwerb von 90 Mio. € (bei der Optionsverschonung mit 7 Jahren Haltefrist und einer Lohnsumme von mind. 700 %) bzw. von 89,75 Mio. € (bei der Regelverschonung mit 5 Jahren
    Haltefrist und einer Lohnsumme von mind. 400 %).

  • Kleinbetriebe
    Kleinbetriebe sind auch weiterhin von der Anwendung der Lohnsummenregelung als Voraussetzung für die Gewährung der Begünstigungen ausgenommen. Allerdings sollen unter den Begriff der Kleinbetriebe nun nur noch Unternehmen fallen, die nicht mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigen (Altregelung ab 10 Arbeitnehmer). Bei Betrieben mit bis zu 10 bzw. bis zu 15 Beschäftigten kommt die Lohnsummenregelung künftig zur Anwendung, wobei dann allerdings jeweils geringere Anforderungen vorgesehen sind.

  • Erweiterte Stundungsregelung
    Damit die Unternehmenssubstanz durch einen unvorhergesehenen Erbfall nicht gefährdet wird, wird ein Rechtsanspruch auf eine Stundung von bis zu 10 Jahren bei Erwerben von Todes wegen – nicht bei Schenkungen – eingeführt. Die
  • Stundung erfolgt zinslos und erstreckt sich auf die Steuer, die auf das begünstigte Vermögen unabhängig von dessen Wert entfällt. Voraussetzung ist nur, dass die Lohnsummenregelung und die Behaltensfrist eingehalten werden.
    Anmerkung: Eine weitere Regelung, welche erst im Kompromiss vom 20.06.2016 durch die Blockadehaltung der CSU in den Gesetzentwurf
    aufgenommen wurde. Auch hier ist mit Widerstand des Bundesrates zu rechnen.

Fazit

Schon der jetzt vorliegende Entwurf des Gesetzes zur Neuregelung der Erbschaftsteuer sieht eine deutliche Verschärfung bei den Begünstigungsregelungen für die Übertragung von Unternehmensvermögen vor. Diese treffen nicht nur Großunternehmen sondern auch den klassischen Mittelstand und führen in Zukunft voraussichtlich zu einer deutlich höheren Belastung mit Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer. Da dem Bundesrat die vorgesehenen Vergünstigungen noch zu weit gehen, ist mit einer weiteren Verschärfung zu rechnen. Der weitere Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens bleibt abzuwarten. Unklar ist, welche Auswirkungen das Verstreichen der durch das Bundesverfassungsgericht gesetzten Frist zur Schaffung einer Neuregelung hat. Die Finanzverwaltung hat hier schon verlautbaren lassen, dass ihrer Auffassung nach die alten Regelungen weiter anzuwenden sind. Es sollte daher nicht zu schnell der Rückschluss gezogen werden, dass insbesondere Schenkungen, welche in dem Interimszeitraum bis zur Verabschiedung einer Neuregelung vollzogen werden, einer völligen Steuerfreiheit unterliegen.

 

 

Foto: Credits @ Daniela Stärk